Landwirtschaft

Schlachthof-Schließung trifft die Landwirte

Martin Alberts und den Agenturen
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Von Martin Alberts und den Agenturen
| 08.10.2020 11:16 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Nach einem Corona-Ausbruch wird der Weidemark-Schlachthof in Sögel im Landkreis Emsland geschlossen. Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast befürchtet schwerwiegende Folgen – und berichtet von verzweifelten Landwirten.

Sögel/Emstek/Hannover - Die Corona-Fälle unter Mitarbeitern mehrerer großer Schlachthöfe in Niedersachsen haben immer größere Folgen. Am Mittwoch gab der Landkreis Emsland bekannt, dass der Weidemark-Schlachtbetrieb in der Samtgemeinde Sögel, wo bis zum Mittwoch 112 Beschäftigte positiv auf das Coronavirus getestet worden waren, ab Sonntag geschlossen wird. Und auch der Landkreis Cloppenburg erwäge zumindest eine Schließung des ebenfalls von einem Corona-Ausbruch betroffenen Vion-Schlachtbetriebs in Emstek, berichtete Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) am Donnerstagvormittag im Landtag in Hannover.

Die Konsequenzen dieser bereits beschlossenen beziehungsweise zu erwartenden Schließungen seien einschneidend, so Otte-Kinast: Die beiden Betriebe in Sögel und Emstek würden etwa 40 Prozent der Schlachtkapazitäten für Schweine im Land abdecken. Sollten beide schließen, sei mit einer „deutlichen Unterversorgung“ im Land zu rechnen, sagte die Ministerin. Um dem vorzubeugen, seien auch die Bauern gefragt: „Wir erwarten auch Solidarität von den Tierhaltern“, welche die Ferkelerzeugung nun drosseln müssten. Sie könne die Sorge der Halter jedoch verstehen, sagte Otte-Kinast, die von Anrufen verzweifelter Landwirte berichtete und dabei im Landtag sichtlich mit den Tränen rang.

Ministerin erwartet Probleme mit dem Tierschutz

Die Schlachthof-Schließungen könnten aber nicht nur wirtschaftliche Folgen haben: „Wir werden möglicherweise in den kommenden Wochen ein Tierschutzproblem in den Ställen bekommen“, sagte Otte-Kinast. Helmut Dammann-Tamke (CDU) sprach während der Aussprache im Landtag gar davon, dass man „sehenden Auges“ in eine solche Situation laufe. Er betonte hierbei jedoch auch, dass die Landwirte hierbei „das schwächste Glied“ seien. In der Schweinehaltung dauere von der Besamung bis zum Schlachthaken elf Monate. Schweine, die nun geschlachtet werden sollten, seien also bereits vor der Corona-Krise geboren worden.

Die Schlachtung in Sögel endet am Freitag, teilte der Landkreis Emsland am Mittwoch mit. Bis Sonntag werde noch zerlegt, danach werde der Betrieb mit rund 2000 Mitarbeitern voraussichtlich 22 Tage dicht sein. „Diese Regelung ist wichtig, um zu vermeiden, dass es zu einer exponentiellen Verbreitung des Virus in der Belegschaft, aber auch außerhalb des Schlachthofes kommt“, hieß es in der Mitteilung.

Weidemark will juristisch gegen Schließung vorgehen

Die Tönnies-Tochterfirma Weidemark will gerichtlich gegen die vorübergehende Schließung vorgehen. Es werde eine einstweilige Verfügung beim Verwaltungsgericht beantragt, weil die Schließung nicht verhältnismäßig sei, hieß es am Mittwoch in einer Mitteilung des Unternehmens. Weidemark-Geschäftsführer Christopher Rengstorf teilte mit: „Wir haben in den vergangenen Tagen zahlreiche Präventionsmaßnahmen zum Schutz vor neuen Infektionen mit den Behörden des Emslandes abgestimmt und installiert, um gleichzeitig den Druck auf die landwirtschaftlichen Erzeugungsketten zu entlasten.“ Diese Maßnahmen zeigten erste Erfolge. „Daher müssen wir Verhältnismäßigkeit wahren und neben dem Infektionsschutz auch den Tierschutz auf den Höfen in der Region sicherstellen“, so Rengstorf.

Auch im Vion-Schlachthof in Emstek im Kreis Cloppenburg stieg die Zahl der Infizierten. Es seien bei Tests unter Mitarbeitern in den vergangenen Tagen insgesamt 63 Fälle bekanntgeworden, teilte Landrat Johann Wimberg (CDU) mit. Der Schwerpunkt der Infektionen sei im Bereich der Grobzerlegung festgestellt worden.

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